Noch am Abend des 11.September 2011 waren Ortsvereinsvorstand und Spitzen der "alten" SPD-Stadtratsfraktion zusammengekommen, um die Ergebnisse der Kommunalwahl zu analysieren und Optionen für die künftige Zusammenarbeit im Rat zu erörtern. Der bisherige Gruppenpartner FDP hatte den Sprung in das Stadtparlament verpasst und beide Volksparteien mussten Verluste hinnehmen, während die Grünen/Bündnis90 Zuwächse verzeichnen und Vertreter von vier neuen politischen Gruppierungen in den Stadtrat einziehen konnten. Die SPD würde nach wie vor die stärkste Fraktion stellen. Um den darin liegenden Wählerauftrag zu erfüllen, stabile Mehrheiten für die kommende Wahlperiode zu organisieren, wurden Kontakte zu allen im Rat vertretenen Gruppierungen aufgenommen. Relativ schnell war klar, dass das Gespräch zunächst mit den Grünen gesucht werden sollte, da hier die größten politischen Schnittmengen zu erwarten waren und eine an sozial-ökologischen Maßstäben ausgerichtete Stadtpolitik in dieser Konstellation eine Mehrheit hätte. Auf Seiten der SPD waren wir uns darüber einig, dass die Hypothek unbewältigter Konflikte der Vergangenheit einem Neuanfang nicht entgegenstehen stehen dürften, wir einer offenen und auch kontroversen Diskussion jedoch auch nicht aus dem Wege gehen wollten. Da sowohl bei der SPD als auch bei den Grünen inzwischen ein weitgehender personeller Umbruch stattgefunden hatte, schienen die Voraussetzungen gegeben, unbelastet von Verletzungen und persönlichen Animositäten aus lange vergangenen Auseinandersetzungen zu einer funktionierenden Zusammenarbeit zu kommen; eine zu optimistische Einschätzung, wie sich im Nachhinein zeigen sollte.

Auf die Gesprächsangebote der SPD reagierten die Grünen erst einmal spröde: Ohne ausdrückliche schriftliche Bitte ginge da gar nichts, ließ man uns wissen. Nachdem diese Vorbedingung - für einige wohl überraschend - schnell erfüllt wurde, kam alsbald ein erstes Gespräch zustande, das zunächst von vorsichtigem gegenseitigem Abtasten geprägt war. Etwaige Konfliktpunkte wie die Haltung zur A39, Schwerpunktsetzung unter erschwerten finanziellen Rahmenbedingungen, Stadtwerke und die Zukunft des Stadtmarketings wurden angerissen. Von Seiten der SPD wurden Gemeinsamkeiten hervorgehoben, die schon einmal in eine Zusammenarbeit im Stadtrat mündeten. Die seinerzeit getroffenen Vereinbarungen über kommunale Umweltpolitik wie Energieeinsparung und CO2-Reduktion sind heute angesichts des bewiesenen Klimawandels und der nach der Atomkatastrophe von Fukushima nicht mehr bestreitbaren Notwendigkeit einer Energiewende aktueller denn je. Zu unserer Verblüffung stießen weder diese Themen noch die gemeinsame Haltung in punkto Gorleben bei den Grünen auf sonderliches Interesse. Eine altgediente grüne Ratsfrau, die die erste Zusammenarbeit in Uelzen in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts als Zeitzeugin noch selbst miterlebt hatte, beendete diesen kurzen Ausflug in umweltpolitische Gefilde mit der Bemerkung, darüber brauche man nicht zu sprechen, schließlich sei die rot-grüne Liaison damals schnell beendet worden. Betroffen mussten wir erkennen, dass frühere Frustrationen wohl doch noch nicht verarbeitet worden sind.

Nichtsdestotrotz setzen wir weiter auf eine ehrliche, unverstellte und von echtem Verständigungswillen geprägte Gesprächskultur. Die mehrstündigen Verhandlungen verliefen an insgesamt drei Abenden weitgehend entlang des SPD-Wahlprogramms für die Stadt Uelzen. Während der gesamten Verhandlungsverlaufs konnten oder wollten die Grünen trotz unserer wiederholten eindringlicher Bitte weder ein eigenes Wahlprogramm noch ein inhaltliches Positionspapier präsentieren. Den Gestaltungsvorstellungen von unserer Seite wurde selten etwas entgegengesetzt. An vielen Stellen blieben die Grünen oberflächlich. Konkrete politische Vorstellungen blitzten nur sporadisch auf, waren dann unspezifisch und wirkten teilweise wie spontan ersonnen, so wurde die Tätigkeit der betrieblichen Dienste an Hand der Art und Weise der Bepflanzung des Kreisverkehrs an der Johnsburg thematisiert, weil man "da so oft vorbeifahre".

Die auffallend unverbindliche und inhaltlich indifferente Verhandlungsführung der Grünen (ab dem zweiten Abend sekundiert durch den UWG-Vertreter) setzte sich fort. In den jeweiligen Nachbetrachtungen ließ das halbherzige Auftreten für uns nur zwei bzw. in Kombination drei Schlussfolgerungen zu: Die Grünen vertreten kaum inhaltliche Positionen, weil sie solche für die stadtpolitische Ebene entweder (noch) gar nicht haben oder weil längst - möglicherweise schon vor der Wahl - anderweitige Verabredungen getroffen worden waren, so dass die Gespräche mit uns nur noch zum Schein geführt werden, schlimmstenfalls träfe beides zu. Natürlich gab es auf beiden Seiten parallel auch Kontakte mit der CDU, dabei ging es allerdings zunächst nur um Personalien: Für uns ein Grund mehr, die Gespräche mit den Grünen ernsthaft und verantwortungsbewusst zu einem Ergebnis führen zu wollen.

Da sich auch im letzten Aufeinandertreffen mit Grünen/UWG keinerlei schwerwiegende inhaltliche Differenzen aufgetan hatten und sich zudem alle Beteiligten einvernehmlich für die Bildung einer Gruppe als optimale Form des Zusammenwirkens ausgesprochen hatten, wurden wir von den Grünen aufgefordert, eine Gruppenvereinbarung zu entwerfen und zur Abstimmung vorzulegen. Dem sind wir mit Datum vom 16.10.11 nachgekommen. Die wenigen von den Grünen geäußerten Änderungswünsche wurden sofort eingearbeitet, so dass wir am 19.10.2011 einen zweiten Entwurf übersenden konnten.

Wenige Tage später erklärten die Grünen, man wolle nun mit der CDU und der UWG eine Gruppe bilden. Offizielle Begründung laut AZ: Die SPD habe den Grünen zu große Freiheiten eingeräumt, die CDU biete dagegen Halt in schwierigen Situationen. Die Interpretation dieser denkwürdigen Aussage überlassen wir dem geneigten politischen Betrachter.


Wir bedauern es nicht, nach langer Zeit der Sprachlosigkeit wieder das Gespräch mit den Grünen gesucht zu haben. Bisweilen entwickelten sich zwischen einzelnen Beteiligten durchaus anregende und inspirierende Diskussionen. Wir hoffen, dass es eines Tages gelingen wird sachorientiert mit den Uelzener Grünen zusammenzuarbeiten. Bis dahin suchen weiterhin den konstruktiven Dialog.

Wir wünschen der neuen Mehrheitsgruppe im Stadtrat gutes Geschick bei der Lösung der anstehenden Aufgaben und bei der Arbeit zum Wohle der Stadt Uelzen.