von Jörg Kramer

Die SPD-Stadtratsfraktion hat den CDU Antrag auf Einrichtung von offenen Ganztagsgrundschulen in Uelzen abgelehnt - übrigens zusammen mit den Lehrer- und Elternvertretern - , weil …

1. … eine Organisationsform der Ganztagsschule - hier die offene Ganztagsschule unreflektiert übernommen wird, die bei näherer Betrachtung keine Schule ist, sondern eine offene, freiwillige, beliebige Betreuung am Nachmittag, die auch anderswo angebunden sein könnte.

2. … die Stadt Uelzen bis zum nächsten Jahr 2010 nicht in der Lage sein wird, die notwendigen Rahmenbedingungen für die Umwandlung der Grundschulen zu Ganztagsschulen zu finanzieren (weder bei der Mittagspause, noch bei den Räumlichkeiten und schon gar nicht beim Betreuungspersonal etc.).

Der CDU Antrag schießt unter Finanzierungsgesichtspunkten weit über das Ziel hinaus. Ich frage, was dieser Antrag verhindern oder wovon er ablenken soll?

Ich hoffe nicht, dass dieser Antrag nur in Zusammenhang mit der Abschaffung der vollen Halbtagsschulen durch die Landesregierung gestellt wurde (betroffen ist hiervon die Grundschule Holdenstedt).

Denn im CDU Antrag wird der Versuch unternommen, - primäre Aufgaben des Landes Niedersachsen auf die Stadt Uelzen zu übertragen, - die mangelhafte Landesförderung im Ganztagsbereich auszublenden und - die finanzielle Belastung den Steuerzahlern in Uelzen aufzubürden.

Vor allem die Personalausstattung ist Aufgabe des Landes Niedersachsen. Ganztagsschulen werden aber von dieser Landesregierung nur genehmigt, wenn diese bereit sind "ohne zusätzliche personelle Ressourcen des Landes" auszukommen.

Wer verhindert hier die Ganztagschule, die ihren Namen auch verdient? Die Uelzener CDU übernimmt unreflektiert Empfehlungen der CDU Landesregierung. Was das bedeutet, zeigen die bisherigen Erfahrungen mit der offenen Ganztagschule oder der teilweise offenen Ganztagschule oder der Ganztagschulzüge an den Uelzener weiterführenden Schulen.

In einem Punkt waren sich Schulleitungen, Lehrkräfte, Eltern und Schüler einig. Die Kapitalisierung der Personalkosten für den Ganztagsbereich (Landesförderung) ist ein Tropfen auf den heißen Stein und überdies immer nur kurzfristig verbindlich. Daraus ergeben sich Planungsprobleme für die Schulleitungen: Es ist fast unmöglich, genügend geeignete Betreuungskräfte zu finden. Die Differenz zwischen notwendiger Kompetenz und möglicher Bezahlung dieser Kräfte ist zu groß. Eine Schulleitung bezeichnete deshalb die Ganztagsangebote über die Schulhalbjahre hinweg gesehen als unverbindlich und mit einer hohen Ausfallquote versehen. Die Probleme der Angebotsseite spiegeln die Probleme der Nachfrageseite. Offene Angebote werden nicht ausreichend angenommen. Die Kinder, die es nötig hätten, nehmen es am wenigsten an….

Was resultiert daraus? Ganztagsgrundschulen unter diesen "offenen" Rahmenbedingungen einzurichten, ist in meinen Augen Etikettenschwindel - es ist nicht drin, was draufsteht.

Die Genehmigung hunderter Schulen zu Ganztagsschulen in Niedersachsen gemäß Nr. 8.2 des Ganztagsschulerlasses - d.h. ohne zusätzliche personelle Ausstattung - fand lediglich auf dem Papier statt. Die Schulen, vor allem die Schulleiter wurden allein gelassen. Sie haben mit der "Organisationshoheit" (vgl. auch Erläuterung im CDU Antrag) den schwarzen Peter, sie müssen die Versäumnisse der Landesregierung ausbaden.

Und dabei bin ich nicht einmal auf die qualitativen Anforderungen, die an eine Ganztagschule zu richten sind, eingegangen.

Der SPD/FDP Antrag spricht sich für eine gebundene Ganztagsgrundschule aus, die gem. MK wie folgt gekennzeichnet ist: "In der gebundenen Ganztagsschule sind der Kernunterricht und die charakteristischen Angebote der Ganztagsschule über den Tag verteilt; für alle Schülerinnen und Schüler ist die Teilnahme an den Veranstaltungen der Ganztagschule verbindlich.

Die Ganztagsschule bietet umfassende Gestaltungsmöglichkeiten für einen nach pädagogischen, lernpsychologischen und physiologischen Gesichtspunkten rythmisierten Schultag. Phasen unterschiedlicher Arbeitsformen von Schülerinnen und Schülern können einander abwechseln; auf Inhalte aus dem Pflichtkanon der Schulen können Arbeits- und Übungsstunden folgen, in denen die Vertiefung in individualisierten Lernformen erfolgen kann." (vgl. MK Nieders. „Materialien zur Ganztagsschule“ Hrsg.: Herr Temming)

Ich denke, diese Diskussion um das Ganztagsschulkonzept und Organisationsform sollte mit den kooperationsbereiten Grundschulen geführt werden. Die dazu erforderlichen Ressourcen - vor allem die Personalkosten, um Kinder zu betreuen - muss das Land sicherstellen.