von Jörg Kramer, Stv. OV-Vorsitzender

SPD fordert eine pädagogisch ausreichende Unterrichtsversorgung in kleineren Klassen.


Die negativen Folgen des selektiven dreigliedrigen Schulsystem der kaiserlichen Ständegesellschaft (siehe Teil II) können nicht einmal im Ansatz beschönigt werden, weil …

  • mangelnde Unterrichtsversorgung,
  • zunehmender Unterrichtsausfall,
  • überfüllte Klassen,
  • höhere Arbeitsbelastung für Schüler und Lehrer

weitere Kennzeichen einer verfehlten CDU Schulpolitik sind.

Die Situation an den Schulen Niedersachsen hat sich seit Jahren verschlechtert - teilweise dramatisch. Die CDU Landesregierung hat Warnungen und Hinweise ignoriert und verharmlost, mit ihren Gesetzen und Erlassen hat sie die Lage an den Schulen sogar noch verschärft.

Eltern-, Lehrer-, sogar Schülervertretungen aller Schulformen und viele andere haben in den letzten Jahren immer wieder auf die sich ständig verschlechternden Unterrichtsbedingungen aufmerksam gemacht. Ein Beispiel von vielen:

Schulelternrat Hermann Löns Grundschule Uelzen An das Kultusministerium über das Landesschulamt Nachrichtlich an den - Landeselternrat - Kreis- und Stadtelternrat Uelzen - AZ und GA Versorgung des Pflicht- und Förderunterrichts mit hauptamtlichen Lehrkräften Sehr geehrter Herr Kultusminister, Im Interesse unserer Kinder und der an sie gestellten Anforderungen fordert der Schulelternrat der Hermann Löns Grundschule die Einstellung und den ausschließlichen Einsatz von hauptamtlichen Lehrkräften für … - einen vollständigen Stundenplan aller Klassen gemäß Stundentafel, - ein durchgängiges Angebot an Förderunterricht, - die Vertretung von Pflicht- und Förderunterricht. Wir mussten zunehmend feststellen, dass die Rahmenbedingungen für Schulunterricht ständig zugunsten des Kultusministeriums geändert werden, damit die Unterrichtsversorgung statistisch freundlicher aussieht und Lehrerstellen eingespart werden; deshalb fordern wir ganz konkret: - Rücknahme der Klassenteilererhöhung von – seit kurzem - 30 auf 25 Grundschülerinnen und Grundschüler / Klasse, - Rücknahme der Stundenstreichungen für Beratungslehrer von 3 auf 5 Stunden, - Schwimmunterricht muss wieder von zwei qualifizierten Fachkräften erteilt werden, - Förderunterricht muss nicht gekürzt, sondern durchgängig für alle 4 Grundschuljahrgänge angeboten werden, - Springerstellen müssen wieder eingerichtet werden, damit der Vertretungsunterricht von voll ausgebildeten Lehrkräften erteilt werden kann, - Die Stunden für Planung, Organisation und Durchführung des Schulbetriebes müssen nicht – wie geschehen – gesenkt sondern erhöht werden, damit der Unterricht ordnungsgemäß erteilt werden kann. Zwischendurch nur eine Frage: Welche Aussagekraft hat eine Statistik über Unterrichtsversorgung, wenn Lehrkräfte, die nicht mehr an der Schule unterrichten oder noch gar nicht in der Schule angekommen sind, in diese Statistik eingerechnet werden? Wenn das Kultusministerium landeseinheitliche Qualitätssicherungsprüfungen in immer mehr Schuljahrgängen durchführt, müssen sich die Rahmenbedingungen für einen sach- und kindgemäßen Schulunterricht verbessern. Die Kontrolle nutzt niemanden, sie schadet nur, wenn sich die Unterrichtbedingungen ständig verschlechtern. Den Ausgleich für die von Ihnen verursachten Versäumnisse können sich nur betuchte Eltern leisten (vgl. Pisa und Iglu Studie). Mit der Einführung des dreigliedrigen Schulsystems nach dem 4. Schuljahr, Englisch als Pflichtunterricht mit dem 3 Schuljahr und der vorschulischen Sprachförderung sind der Grundschule inhaltlich und organisatorisch Aufgaben übertragen worden, für die sie keine zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen hat – es sind lediglich Umschichtungen vorgenommen worden. Mit freundlichen Grüßen Schulelternrat der Hermann Löns Grundschule

Die Antwort nach Wochen war sinngemäß immer die gleiche:

- die Landesregierung hätte soundso viele Lehrkräfte eingestellt (die „echten“ - über den Ersatzbedarf an pensionierten Lehrkräften hinaus gehenden - Neueinstellungen wurden und werden für die frühere Sortierung der Kinder benötigt – Mitteilungen des MK von 2003), - die Unterrichtsversorgung der Schule läge im niedersächsischen Durchschnitt, - die Verteilung nähme die Landesschulbehörde vor, - für den Unterrichtsausfall kann das Kultusministerium nichts, - die Klassengröße (zumindest wurde eingeräumt, dass immer mehr Kinder in einer Klasse unterrichtet werden) spiele für den Lernerfolg keine Rolle usw. usw.

Kultusminister Busemann (CDU) reagierte auf derartige Hinweise der Schulen mit einem „Maulkorberlass“ für Schulleitungen, zeitnah den Eltern etwas über die Unterrichtsversorgung der Schule mitzuteilen. Hier liegen wohl die Grenzen der Meinungs- und Informationsfreiheit.

Elternkritik über Unterrichtsausfälle begegnete der CDU-Minister schon mal damit, dass es sich hierbei um „gefühlte Werte“ von Eltern handele. Natürlich waren die jeweils angesprochenen Schulen immer eine Ausnahme oder sie befanden sich gerade in einer Ausnahmesituation. Beinahe hilflos und verstrickt in die eigene Argumentation fielen die Versuche aus, einzelnen Schulen den schwarzen Peter für den Unterrichtsausfall vorzuwerfen, um damit von der landesweiten Unterversorgung ablenken.

Elternaufzeichnungen über den Unterrichtsausfall wiesen angeblich jede Menge statistischer Fehler auf. Die CDU beachtet offensichtlich den Grundsatz: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!“

Und das geht seit Jahren so:

Die CDU hat 2003 100% Unterrichtsversorgung versprochen. Folgerichtig muss Kultusminister Bernd Busemann (CDU) jede Kritik an der Unterrichtsversorgung und über Unterrichtsausfall zurückweisen, obwohl er weiß, dass er zu keinem Zeitpunkt ausreichend Lehrerstellen ausgewiesen hat. Dafür gibt er als Ziel für die Gymnasien 98,5% aus, das sind dann 100% Unterversorgung für die Gymnasien. Langsam versteht man, wie der CDU-Kultusminister für die zentralen Abschlussprüfungen 2007 in Mathematik die Bewertungsmaßstäbe zweimal senken konnte. „Das Ergebnis gefällt mir nicht, also alle eine Note besser.“

Volle Unterrichtsversorgung wurde in all den Jahren nie erreicht.

Die Situation an den Schulen wäre noch dramatischer, wenn die CDU Landesregierung nicht mächtig an den Stellschrauben für die Unterrichtsversorgung gedreht hätte:

Um Lehrerstellen einzusparen,

  • werden die Klassen landesweit immer größer – bis zu 34 SchülerInnen drängeln sich in nicht größer gewordenen Klassenräumen; das sind hunderte von Lehrerstellen, die mit einem Erlass eingespart wurden,
  • wurden Förderstunden gekürzt – dafür gibt es einen Stunden- und Finanzpool, der alles abdecken soll und über den die Schulen „eigenverantwortlich“ verfügen können. Natürlich deckt der Pool nicht die gekürzten Stunden ab, den „schwarzen Peter“ haben nun aber die Schulen (vgl. Mitteilungen des MK a.a.O.).
  • wurden Vertretungsstellen gestrichen, denn Lehrkräfte werden weniger krank, Lehrerinnen werden weniger schwanger, außerdem gibt es ja den Stunden- und Finanzpool,
  • wurden Stundenansätze für weiterführende Unterrichte, Projekte, AGs etc. gekürzt, zukünftig enthalten im Stunden- und Finanzpool,
  • werden Lehrkräfte nach und nach durch geeignete Mütter (Väter) ersetzt – diese heißen dann pädagogische Mitarbeiter oder Betreuungskräfte -, bezahlt aus dem Stunden- und Finanzpool
  • wurden Stunden zur Planung, Organisation und Durchführung des Schulbetriebes gekürzt, die Schulen können dies eigenverantwortlich handhaben mit dem Stunden- und Finanzpool,
  • werden immer mehr Aufgaben ( „Eigenverantwortliche Schule“ ) den Schulen ohne Personalausgleich übertragen, sie wissen schon: Stunden- und Finanzpool,
  • werden immer mehr außerschulische Angebote wie Vereinssport und Konfirmationsunterricht auf die AG-Pflichtstunden angerechnet,
  • werden die für die Schule der Vergangenheit (selektive Dreigliedrigkeit) bereitgestellten Lehrerstellen nach und nach wieder abgebaut,
  • wurde die 13. Klasse gestrichen (G8 – Abitur nach 12 Schuljahren),
  • dürfen Lehrkräfte weiterhin 2 Stunden länger unbezahlt unterrichten,

All diese Maßnahmen, Gesetze, Erlasse und Verordnungen haben nicht ausgereicht, um wenigstens auf dem Papier eine 100%ige Unterrichtsversorgung vorweisen zu können.

Einige Fächerstunden tauchen auf den Stundenplänen der Schüler gar nicht erst auf, die laut Stundentafel des Kultusministeriums erteilt werden müssen,– das fällt dann nach dem „Maulkorberlass“ für Schulleiter auch weniger auf.